Sachverhalt:
In Deutschland wird Strom über
sogenannte Strombilanzkreise geliefert und abgerechnet. Ein Bilanzkreis ist ein virtuelles
Energiemengenkonto für Strom und stellt die Verbindung zwischen der
virtuellen Welt des Stromhandels und der physischen Welt der
Energielieferung sowie der Netzstabilität her. Damit wird sichergestellt, dass
nur genau die Energie verkauft oder geliefert werden kann, die produziert oder
gefördert wurde und dass jeder Energielieferant seine Mengen auch exakt an den
Energiemärkten oder über eigene Erzeugung bzw. Förderung beschafft hat.
Dies galt bisher vornehmlich nur für den klassischen
Stromhandel und war zumeist auf Energieversorger und Netzbetreiber beschränkt.
Dieses Modell wurde nunmehr ausgeweitet, so dass insbesondere
Strombilanzkreise auch für selbst erzeugte Erneuerbare Energien, z. B. aus
Photovoltaik oder BHKW`s genutzt werden können um eigene Liegenschaften zu
versorgen. Dies macht insbesondere wirtschaftlich dann Sinn, wenn der
konventionelle Strompreis hoch und die vergütete EEG-Vergütung niedrig ist und
produzierte Strommengen am Standort „X“ nicht verbraucht werden können.
Beispiel:
Die PV-Anlage der Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels auf
dem Turnhallengebäude in Gossersweiler-Stein hat 2023 insgesamt 24.000 kWh
produziert, während 12.260 kWh (= rd. 53 %) selbst verbraucht wurden, wurden
dennoch 10.720 kWh in das Netz eingespeist.
Bei 100 % igem Selbstverbrauch hätte die Verbandsgemeinde
9.600 € der Stromkosten eingespart, so waren es vorliegend nur 4.904 €
zuzüglich 857 € (EEG-Vergütung), also 5.761
€, was einer wirtschaftlichen Verschlechterung gegenüber dem
Bilanzkreismodell von rd. 4.000 € entspräche.
Die Gründung eines eigenen Bilanzkreises ist allerdings nicht
trivial. Neben der kaufmännischen Einrichtung müssen zusätzliche Maßnahmen
getroffen werden, die zunächst auch Geld kosten. Zu nennen ist hier vor allem
eine Änderung der Messeinrichtung, da beim Strombilanzkreismodell Stromerzeugung und zeitgleicher Stromverbrauch in unterschiedlichen kommunalen
Liegenschaften bilanziell miteinander verrechnet werden müssen. Beispielsweise
kann so ein Turnhallendach vollständig mit Photovoltaik belegt werden und eine
Schule mitversorgen, die sich in einem anderen Ortsteil befindet. Mit diesem
innovativen Modell ist es möglich, den Strom auf dem einen Gebäude zu
produzieren, ihn in das vorhandene öffentliche Netz einzuspeisen und in anderen
kommunalen Liegenschaften ohne Zusatzkosten zu verbrauchen.
Dieses Modell wurde maßgeblich in Hessen, und zwar im
Main-Taunus-Kreis entwickelt und praktiziert. Dort wurden rd. 30 PV-Anlagen des
Landkreises und 8 BHKW in einem Strombilanzkreis zusammengefasst, mit dem
Vorteil, dass nicht verbrauchter Strom in der Liegenschaft A in der
Liegenschaft B verbraucht werden kann. Dies führt neben wirtschaftlichen
Vorteilen auch dazu, dass die Quote der Erneuerbaren Energien entsprechend
steigt.
Voraussetzungen dafür:
-
Zeitgleichheit des Verbrauchs, d. h. in
den beteiligten Liegenschaften werden für die Messung von Erzeugung und
Verbrauch sog. 4Q-Zähler benötigt, die entsprechende Messwerte im
Viertelstundentakt übermitteln; diese müssen nachgerüstet werden. Die Messung
kostet derzeit rd. 700 € / Jahr je Abnahmestelle
-
Personenidentität des Verbrauchers und des
Erzeugers
-
Einrichtung eines Bilanzkreises mit
Bilanzkreisverantwortlichem, mit zusätzlichem finanziellem Aufwand.
Die
vorgenannten Voraussetzungen können in der Verbandsgemeinde Annweiler am
Trifels grundsätzlich erfüllt werden. Die Frage ist allerdings: Lohnt sich dies
derzeit?
Die
Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels betreibt derzeit folgende PV-Anlagen:
-
Grundschulturnhalle Gossersweiler-Stein
-
Grundschule Annweiler am Trifels
-
Grundschule Ramberg
-
Kläranlage Annweiler am Trifels + BHKW
Demnächst Schwimmbad Annweiler am Trifels und Rathaus der
Verbandsgemeinde in Annweiler am Trifels. Des Weiteren sind zahlreiche Dächer der
Verbandsgemeinde (Grundschule Albersweiler + Gossersweiler sowie Feuerwehrwache
Annweiler am Trifels) an die Stadtwerke Annweiler am Trifels verpachtet.
Nach Ende der Pachtverträge, etwa um 2032, können die
verpachteten Anlagen von der Verbandsgemeinde kostenfrei übernommen werden.
Alle vorgenannten Anlagen im Eigentum der Verbandsgemeinde
erhalten derzeit Hohe Volleinspeisungsvergütungen bzw. verbrauchen den Strom
durch Speicher nahezu selbst. Einzig die Anlage auf dem Grundschuldach in
Gossersweiler hätte noch die vorgenannten Kapazitäten Strommengen an andere
Liegenschaften der Verbandsgemeinde abzugeben.
Infolge der hohen Aufwendungen ist dies derzeit allerdings
derzeit nicht rentabel.
Dies ändert sich u. U. durch die Hinzunahme weiterer Anlagen,
u. a. Schwimmbad, Kläranlage und VG-Rathaus. Es wird daher vorgeschlagen, dass
Projekt weiter zu verfolgen und im Falle zunehmender eigenproduzierter und
nicht selbstverbrauchter Strommengen einen eigenen Bilanzkreis zu erstellen.
Beschlussvorschlag Ausschuss:
Der Werkausschuss nimmt die Ausführungen zur Kenntnis und beauftragt den Werkleiter über den Fortgang zu berichten.